Rennsteig Marathon 2017 – Mehr als ein Marathon

Wie fasst man solche Erlebnisse/Emotionen zusammen?

Ich probiere es einfach mal und muss gleich mal gestehen, dass ich in diesen Lauf ohne spezielle Vorbereitung gegangen bin. Eigentlich bereite ich mich gerade auf den ZUT Base Trail XL und den Allgäuer Panorama Marathon (Ultra-Distanz) vor.

Jetzt sagen viele wenn sie solche Läufe in der Vorbereitung machen „… das ist ja nur ein Trainingslauf!“. Doch für mich ist jede Teilnahme an einem offiziellen Lauf ein Wettkampf, Trainingsläufe mache ich wenn ich trainiere. Und im Wettkampf will ich schon wissen was geht, auch wenn ich meine Ziele dann nicht ganz so hoch stecke.

Der Rennsteig Marathon war etwas, was ich einfach mal machen wollte. Der Lauf hat für mich einen gewissen Mythos, alle reden von ihm, sagen wie schwierig, wie hart er ist. Auf der anderen Seite soll er landschaftlich sehr schön sein und auf der Strecke eine tolle Atmosphäre herrschen.

Und deshalb habe ich mich angemeldet und  mich am 20.05.2017, um 5:45 Uhr in mein Auto gesetzt und bin die 190 km nach Neuhaus am Rennsteig gefahren.

Die Nacht vor dem Lauf war eine meiner schlechtesten der Woche und ich hatte aus irgendwelchen Gründen schon die ganze Woche beschissen Nächte … Angst vor dem Mythos des Rennsteig?!

Ich war auf jeden Fall hundemüde und fühlte mich nicht gerade fit genug um 42,195 km und positive 769 hm zu laufen! Zum Glück war auf der Strecke nichts los, war auch klar, den wer treibt sich schon um kurz vor 6:00 Uhr an einem Samstag auf der Autobahn rum.

Wie durch ein Wunder änderte sich meine Stimmung/Gefühlslage schon auf der Fahrt zum Positiven und als ich dann um 7:30 Uhr in Neuhaus am Rennsteig auf den noch sehr übersichtlich gefüllten Parkplatz direkt neben dem Start fuhr, spürte ich dieses Gefühl, diese sehr positive Nervosität und die Müdigkeit war wie weggeblasen.

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RACE-DAY … YES!!!!

Die Atmosphäre Vorort war total relaxed, die Startnummernausgabe war fast leer, nur 2 oder 3 andere Läufer holten sich gerade Ihre Unterlagen ab, erst als ich wieder aus dem Gebäude kam wurde es etwas voller. Gerade war einer der Bus, der die Läufer aus Schmiedfeld (dem Ziel unseres Laufes/One-Way-Run) abgeholt hatte angekommen. Ich machte mich wieder auf den Weg zu meinem Auto, um in Ruhe mein Drop-Bag zu packen und um mich umzuziehen.

So gegen 8:00 Uhr wurde es dann wirklich voller und ich dachte mir es wäre eine gute Idee jetzt nochmal das stille Örtchen aufzusuchen, bevor ich später endlos anstehen würde. Die Idee war gut und hatten auch viele andere und so stand ich trotz der viele Dixi- und anderen Toiletten glatte 15 Minuten an. Gut die Zeit verging schnell, da man sofort ins Gespräch kam, doch ich war froh als auch dieser Step der Vorbereitung abgeschlossen war. Ich holte aus meinem Auto den Drop-Bag und brachte ihn zum bereitstehenden LKW, der für meine Startnummer bestimmt war.

Dann war es auch schon 8:40 Uhr und da ich nicht von ganz hinten starten wollte machte ich mich auf in die Startaufstellung, ich suchte mir einen guten Platz vor der Bühne denn jetzt gab es erst noch das Rennsteig Lied und den Schneewalzer. Ich bin ja eigentlich nicht der, der bei so etwas mitmacht, doch hier … keine Chance, da bist Du einfach dabei und es macht einen riesigen Spaß mitzusingen und zu Schunkeln.

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Dann endlich kurz vor 9:00 Uhr, jetzt wurde es ernst, schnell noch gemeinsam von 10 auf 0 runtergezählt und schon wurde die Meute/ die über 3200 Läufer auf die Strecke gelassen.

Gleich zu Beginn geht es in Neuhaus die Strasse hoch, gut 1km, das Feld ist eng, doch es gibt kein Gedrängel. Schon bei diesem ersten Kilometer bekommt man mit was es heisst am Rennsteig zu Laufen. Links und rechts von der Strasse stehen Zuschauer und puschen die Läufer die Steigung hoch. Oben angekommen geht es auf der breiten Bundesstrasse zuerst flach und dann bergab weiter. Das Feld hat sich schnell sortiert und als wir endlich den harten Asphalt verlassen und auf die Schotterwege des Thüringer Waldes abbiegen bleibt das Tempo in dem Feld in dem ich mich bewege recht hoch.

Eine 4:45 min/km Pace, ob dass so gut ist?

Habe ich doch so oft gelesen, man sollte sich seine Kraft auf dieser Strecke gut einteilen, da es am Ende hart und grausam wird. Ich war aber mal optimistisch und sage mir selber: „Na dann machst Du halt am Ende etwas langsamer, wenn’s läuft dann läufts!“

Ca. bei Kilometer 8 kam die erste Steigung, nichts böses, nur einfach langsam Bergauf, zuerst ein kurzes Stück Schotterpiste und dann ging es in einen Hohlweg über, der 1-2 Läufer nebeneinander platz ließ. Hier zeigte sich schnell wer sonst auch in hügeligem Gelände unterwegs war und wer doch eher zur Kategorie Straßenläufer zählte. Der Weg war gespickt mit Wurzeln und schon erwischte es vor mir einen Läufer der zu Fall kam, sich aber nichts weiter tat. Auf diesem Stück konnte ich gleich mal ein paar Läufer überholen, die mit dem Anstieg und dem Untergrund nicht ganz so gut zu Recht kamen. Es ging jetzt gute 3 Kilometer immer leicht bergauf und meine Pace lag bei ca 5:15 min/km also alles noch im grünen Bereich, auch wenn der Puls hier etwas anstieg.

Gutsmuths Rennsteiglauf 2017

Auf diesem Stück kamen wir auch am Dreistromstein vorbei, an dem sich auch eine der Verpflegungsstationen befand. Kurz vorher nahm ich mein erstes Gel und griff mir an der Verpfelgungsstation schnell einen Tee und weit ging es.

Kurz darauf war auch diese längere Steigung mit 80hm genommen und es ging weiter über mal breitere mal schmalere Pfade wieder leicht bergab. Der Puls sank und die Pace pendelte sich bei 4:50 min/km ein, alles optimal, so konnte es weiter gehen. Auch der nächste Anstieg bei Kilometer 17 ließ sich gut Laufen, die wiederum 80hm waren nach 2 Kilometer gemeistert und zur Belohnung erreichten wir die nächste Verpflegungsstation den Turmbaude am Masserberg, einem wirklich tollen Bauwerk hier mitten im Thüringer Wald.

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An der Verpflegungsstation gönnte ich mir wieder einen Tee, ein Wasser und ein Gel, nahm diese aber im Laufschritt zu mir. Auch wenn ich die ganze Zeit konzentriert durchgelaufen bin habe ich mir zum einen immer Landschaft angesehen, die wirklich schön war und zum anderen habe ich mich bei allen bedankt die uns unterwegs zugejubelt haben und das waren nicht wenige. Gerade hier oben am Masserberg waren wieder sehr viele Zuschauer und feuerten uns an.

Kurz nach der Verpflegungsstation ging es auch mal kurz aus dem Wald heraus und es tat gut ein paar Sonnenstrahlen abzubekommen, waren es doch nur knapp über 10 Grad.

Am Skilift von Masserberg war die hälfte der Strecke geschafft und mit einer knappen 1:45 war ich gut dabei. Jetzt ging es auf einen für mich der schönsten Teilabschnitte, hier konnte man dem Rennen auch den Stempel Trail-Rennen aufdrucken. Es ging auf schmalen Singeltrails bergab, technisch sehr anspruchsvoll und man merkte, dass sich viele mit diesem Gelände schwer taten. Ich genoß diese Strecke und konnte trotz des engen Weges immer wieder ein paar andere Läufer überholen.

Gutsmuths Rennsteiglauf 2017

Nach 1,5 Kilometern war der Spaß leider vorbei und wir mussten kurzzeitig wieder auf einer Bundesstraße laufen. Erst bei Kilometer 27 ging es wieder kurzzeitig in den Wald auf schmale Pfade immer leicht bergauf und bergab, bis jetzt keine bösen Steigungen, alles ließ sich sehr gut laufen.

Kurz nach Kilometer 28 erreichten wir Neustadt am Rennsteig und somit auch die nächste Verpflegungsstation. Hier machte ich leider den Fehler mit eine Apfelsaftschorle zu greifen, welche leider Kohlensäure hatte und so hatte ich noch den nächsten Kilometer etwas davon.

Der Kilometer 31 war der härteste für mich, ging es hier den Großen Burgberg hoch und dieser zwang mich wirklich dazu zu gehen. Es sollte das einzigste mal auf dieser Strecke sein, dass ich ging, doch ab und zu ist es einfach mal besser.

Beim Kilometerschild 32 wurde mir klar nur noch 10km, meine Beine fühlten sich immer noch ganz gut an, ich spürte die bereits hochgelaufenen Höhenmeter doch alles in allem war es ok. Noch 10km, 60 positive und 150 negative Höhenmeter waren es, die Pace lag im Schnitt bei 5:10 km/min, die Anstiege hatten etwas Zeit gekostet, doch ich lag mehr als nur Plan.

An der nächsten Verpflegungsstation am Großen Dreiherrenstein nahm ich mein letztes Gel, eines mit Cola-Geschmack und Koffein, der Bost für die letzten Kilometer.  Hier gab es auch den bekannten Stempel auf die Startnummer, den man sich als besonderes Andenken abholen konnte.

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Es ging die nächsten Kilometer immer leicht bergab und ich liess es einfach laufen, genoss die Landschaft und die herrliche Atmosphäre. Überall wurde man angefeuert, jeder sprach einem Mut zu, es sei doch nicht mehr weit.

Kilometer 37, wir erreichten Frauenstein, die letzte Verpflegungsstation, noch mal ein Wasser und dann ab auf die letzte 5 Kilometer. Jetzt merke ich aber langsam das meine Kraft schwindet, zeigte mein rechtes Bein doch immer mal wieder einen Schwächeanfall und knickte leicht ein. Ich hielt die Pace aber hoch und als ich nach 41 Kilometern den Wald das letzte Mal verließ lag Schmiedfeld vor mir. Hier ging es zuerst die Straße runter und ich versuchte etwas Kraft zu sparen, wusste ich doch, dass noch der letzte der harte Anstieg kommen würde.

Kurz bevor es den Berg hoch ging, schien ein Läufer gestürzt zu sein, sah nicht gut aus, doch mehrere Menschen kümmerten sich bereits um ihn.

Der letzte Anstieg, die letzten ca. 700 Meter bis ins Ziel und fast die schönsten, der gesamten Strecke. Das ganze Bergaufstück war gesäumt von Zuschauern, die einen den Berg hochpeitschten, es war ein wahnsinniges Gefühl.

Und dann die letzte Kurve, noch 100 Meter bis ins Ziel. Ich wollte dieses Stück eigentlich mit dem Handy filmen, meinte dies auch zu tun doch hatte dann wohl die Aufnahmetaste nicht richtig getroffen (schade). Ich hielt meine Handy mit der rechten Hand in die Höhe und mit der linken Hand forderte ich die Menschen auf lauter anzufeuern, was sie auch prompt taten, was eine Stimmung … Wahnsinn!

Die Uhr stoppte nach 3:37:05 und ich war mehr als happy, mein Ziel war es eigentlich nur unter 4:00 zu laufen, dass es so gut werden würde hätte ich nicht gedacht. Platz 235 von 2429 Finischern und 47er in meiner Altersklasse, garnicht schlecht für einen alten Sack im „Trainingslauf“ 😁

Eine der Helferinnen hängte mir meine Medailleum und ich suchte mir erst mal ein Stück Rasen auf dem ich mich niederlassen konnte, um mich etwas zu erholen und das Ganze zu verarbeiten.

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Im ganzen Gewühl traf ich noch auf Martin Grüning, er selber war nicht mitgelaufen hatte jedoch seine Frau auf den letzten 18 Kilometer der Supermarathon Strecke begleitet. Seine Frau belegte den 3ten Platz, was für eine Hammer Leistung!

Jetzt weiß ich was den Rennsteig aus macht und es ist wirklich was ganz spezielles!

Bevor ich mir wieder mein Drop-Bag holte gönnte ich mir noch ein Finisher Bier, was richtig gut tat.

Zuerst irrte ich etwas umher, war das treiben hier in Schmiedfeld etwas größer, doch dann fand ich die Wiese mit den Drop-Bags und machte mich auf meines zu suchen.

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Nachdem ich mich umgezogen hatte, auf das Duschen verzichtete ich bei den Massen von Läufern holte ich mir noch kurz meine Urkunde ab und machte ich mich direkt auf den Weg in Richtung Bus, denn die Fahrt nach Neuhaus sollte noch mal eine gute Stunde dauern.

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Der Bus sollte jede Stunde fahren und bei Bedarf auch öfters, der Bedarf war da wie sich zeigte doch der Bus kam erst zur vollen Stunde. Die Zeit an der Bushaltestelle verging aber sehr schnell, kam ich doch sofort mit einigen ins Gespräch.

Als ich endlich im Bus saß wurde ich hundemüde und war dem Busfahrer gar nicht böse, dass er noch den einen oder anderen Abstecher machte um andere Läufer abzusetzen.

Als ich im eigenen Auto saß war ich aber sehr froh und als ich nach insgesamt 12 Stunden wieder zuhause war, blickte ich auf einen super Tag zurück, dessen Erinnerung ich noch lange in mir tragen werde.

Und in 4 Wochen geht es schon weiter, da ruft dann der Bastrail XL des ZUT, wieder eine neue Erfahrung, wieder eine neue Herausforderung.

Einige der Bilder in diesem Bericht wurden von Norbert Wilhelmi und Stefa Weigelt zur Verfügung gestellt, danke dafür.

Ich möchte mich auf diesem Weg nochmal bei allen Helfern bedanken, Ihr habt einen super Job gemacht und mir einen tollen Tag beschert.

DANKE!!!

… and KEEP ON RUNNING

2 Kommentare zu „Rennsteig Marathon 2017 – Mehr als ein Marathon“

  1. Gratulation zu dem tollen Lauferlebnis und vielen Dank für den schönen Bericht. Das macht mir Lust darauf die Strecke auch mal auszuprobieren.
    Ich glaube, die Strecke des APM wird Dir gefallen. Der Marathon war eines meiner bisher größten Highlights.

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