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Meine erste Mitteldistanz – DIY Triathlon

Wenn Du so etwas das erste Mal machst, ist das Ganze wie eine Überraschungsei! Du weißt eigentlich was Du Dir da gekauft hast, Du siehst die bunte glitzernde Hülle, weißt dass darunter die süße leckere Schokolade steckt, aber welche Überraschung(en) sich im Inneren verbirgt, ist noch vollkommen unklar.

Ganz ähnlich ist es mit der ersten Mitteldistanz im Triathlon. Auch hier weißt Du eigentlich was Dich erwartet, Du hast diese tolle Ausrüstung, ein geiles Fahrrad, einen Neopren-Anzug, top Laufschuhe mit Carbon-Innensohle und noch vieles mehr. Du weißt, welchen Aufwand Du in Dein Training gesteckt hast. Du weißt, wie fit Du in jeder der drei Disziplin bist. Aber ob alles zusammen passt, ohne Pausen und ohne doppelten Boden, ist noch Mal etwas ganz anderes und im Vorfeld nur teilweise planbar.

Dieses Überraschungsei beschreibt ganz gut wie ich mich am Morgen des 28.08.2021 gefühlt habe, eigentlich gut vorbereitet, aber ich hatte keine Ahnung, wie und ob alles zusammenspielt.

12 Wochen intensives Training lagen hinter mir, mit 491 km Lauftraining, 1.370 km im Sattel und 45 km Kachelzählen.

Zu Beginn des Trainings und somit nach der Erholungsphase, die ich aufgrund meines nicht so schönen Sturzes mit dem Rennrad einlegen musste, stand zuerst nur ein grober Plan. Ich hatte keine Ahnung, ob dieser Plan aufgehen würde und wie schnell ich wieder in Form kommen würde. Doch es wurde von Woche zu Woche besser und machte immer mehr Spaß, so dass die Zuversicht, eine Mitteldistanz finishen zu können, immer mehr wuchs.

Doch kommen wir endlich zum Wettkampf. Ich nenne es Wettkampf, auch wenn es ein Triathlon war, den ich ganz für mich alleine bestritten habe und nicht im Rahmen einer Veranstaltung. Ein Wettkampf ist ein Kampf um die beste [sportliche] Leistung und ich wollte hier die beste Leistung abliefern, zu der ich in der Lage war.

Am Morgen des 28. August stand ich pünktlich um kurz vor 10:00 Uhr vor unserem Freibad. Ich wollte so früh wie möglich starten, um nicht zu viel Betrieb im Becken und somit auf den Bahnen zu haben. Warum ich dann nicht früher gestartet bin, nun unser Freibad macht Samstags leider erst um 10:00 Uhr auf. Da das Wetter nicht gerade Freibad-Wetter war (15 Grad und ein grauer Himmel), war ich der einzige, der so „früh“ da war und hatte das ganze Freibad für mich alleine. Ich traf schnell noch die letzten Vorbereitungen (Neoprenanzug, Schwimmbrille, Badekappe richten und die Radklamotten für den Wechsel zurecht legen) und stand so um 10:04 Uhr am Rand des Beckens. Es konnte also wirklich los gehen.

Kurz vor dem Schwimmen im leeren Freibad

Mit einem weiten Hechtsprung durchbrach ich die glatte Wasseroberfläche und begann meine Bahnen zu ziehen. Eigentlich dachte ich, ich würde aufgeregt und unruhig schwimmen, doch das genaue Gegenteil war der Fall. Ich kam sofort in einen gleichmäßigen und ruhigen Flow. Mir war klar, dass ich im Schwimmen nicht schon alles geben würde, sondern in meinem Tempo und ohne Pausen durchschwimmen werde. Auch habe ich mir zwischendurch jeglichen Blick auf die Uhr verboten, ich wollte erst zur Halbzeit, nach 950 m, einen Blick auf die Uhr werfen, um zu sehen wo ich zeitlich ungefähr rauskommen würde. Als ich dachte ich hätte jetzt 19 von 38 Bahnen hinter mir, schaute ich bei der Wende kurz auf die Uhr. Upsss … schon 1050 m … verzählt … und ca. 20 Minuten … voll im Plan. Es lief die ganze Zeit richtig gut und nach weiteren 17 Bahnen war es auch schon vorbei.

1.900 m in 36:53 Minuten und somit einer Durchschnittspace von 1:56 min/100m waren alles was ich wollte und wozu ich Schwimmtechnisch aktuell in der Lage bin.

Schnell raus aus dem Becken, raus aus dem Neoprenanzug und rein in die ersten Radklamotten. Nein, ich hatte keinen Trisuit angezogen, bei gerade mal 15 Grad Lufttemperatur, wollte ich mir den Luxuxs gönnen und trocken auf dem Rad starten.

Dann ging es schnell raus auf den Parkplatz des Freibades, wo meine Frau schon den zweiten Teil der Wechselzone eingerichtet hatte. Beim anziehen der restlichen Radklamotten gönnte ich mir schnell einen Riegel und etwas zu Trinken, bevor ich mich nach unendlichen 7:35 Minuten endlich auf mein Rennrad schwang. In dieser Hektik hatte ich wohl einmal zu oft auf meine Uhr gedrückt und sie zeigte schon wieder Wechsel an. Schnell die Uhr gestoppt, Aktivität bis jetzt gespeichert, wieder eine Triathlon-Aktivität gestartet, bis zum Radfahren durchgeklickt und endlich konnte ich mich auf die 90 km, die jetzt vor mir lagen, konzentrieren.

Die ersten Kilometer gingen noch durch Wohngebiete und liefen deshalb nicht ganz so flüssig. Doch dann ging es auf die wenig befahrenen Landstraßen und ich konnte mich darauf konzentrieren in eine gleichmäßigen Tritt zu kommen. Mein Plan war es mindestens einen 30er Schnitt zu fahren und den mit einer möglichst gleichmäßigen hohen Trittfrequenz, um die Beine nicht sauer zu fahren. So liefen die ersten 25 km trotz kontinuierlichem Gegenwind richtig gut, nur der Himmel machte mir immer mehr sorgen. Regen war eigentlich erst für die Laufstrecke angesagt, aber wie es jetzt aussehen würde, würde es wohl viel früher nass werden.

Nur zwei Kilometer später war es dann soweit, der Himmel öffnete seine Pforten und es regnete zuerst nur leicht und dann immer stärker. Kurzer Stopp, Regenjacke an und weiter. Ich begann immer mehr zu fluchen, Regen, Gegenwind und das genau auf dem Streckenabschnitt, der auch noch die Steigungen für mich parat hält. Was für ein Glück, nach 15 Minuten hörte es wieder auf zu regnen und so konnte ich mich auf den Kampf gegen die Steigungen und den Gegenwind konzentrieren.

Die Steigungen waren jetzt nicht so heftig wie viele vielleicht denken, doch zogen sie sich kontinuierlich über die nächsten 14 km hin und der Gegenwind war auch noch mein ständiger Begleiter. Über meine geplante Zeit für die 90 km machte ich mir noch keine Sorgen, wusste ich doch, dass es nach 45 km Richtung Heimat geht, ich dann Rückenwind haben müsste und es lange leicht bergab geht. Nach 1:33:47 Stunden und 47,8 km hatte ich den höchsten Punkt erreicht und ich durfte endlich den Rückenwind genießen.

Die zweite Hälfte der Radstrecke sollte wesentlich angenehmer verlaufen, es standen fast keine Höhenmeter mehr an und die Streckenführung war einfacher. Also Kopf aus, gleichmäßig treten und soviel Kraft wie möglich sparen. Ich aß und trank unterwegs immer wieder, um genügend Energie für den Rest der Radstrecke zu haben und vor allem für den noch kommenden Halbmarathon.

Alles ging gut bis zu Kilometer 65, ich hatte den Himmel schon länger wieder im Blick und es wurde immer dunkler. Dann fing es wieder an zu regnen und dieses mal erbarmungslos, mit allem was nur von oben runter kommen konnte. Der Wind kam jetzt aus jeder Richtung, so dass der angenehme Effekt des Rückenwindes auch weg war. Die nächsten 10 km waren kein Spaß, von oben Wasser, von unten Wasser und Wind von allen Seiten. Anhalten, eine Pause machen … keine Option … Wettkampf ist Wettkampf und wenn man ihn nur für sich macht. Jede Kurve musste ich voll runterbremsen, um ja nicht zu stürzen, besonders heikel wurde es auf dem Kopfsteinpflaster in Langenzenn, da kam ich mir vor als ob ich auf rohen Eiern fahren würde. Durch das viele Wasser war ich komplett durchnässt, so durchnässt, das ich sogar plötzlich meinen In-Ear-Kopfhörer verlor den ich nur auf der rechten Seite drin hatte. Anhalten, suchen … wieder keine Option. Bei Kilometer 75 wurde der Regen endlich wieder weniger und es hörte zwischendurch sogar mal komplett auf zu regnen.

Es waren nur noch 15 km auf dem Rennrad, die Beine waren noch gut in Form, doch die Motivation hatte etwas gelitten. Als ich plötzlich meine Tochter in der Ferne mit der Kamera erblickte, ging es mir gleich viel besser. Jemanden auf der Strecke zu sehen, den man kennt, mobilisiert immer wieder Kräfte und ich war ihr so dankbar.

Voll motiviert ging es weiter und nach 3:00:06 Stunden erreichte ich die nächste Wechselzone, die heimische Garage.

Aus den Radklamotten musste ich eh raus und so beschloss ich mich komplett umzuziehen, um den Lauf trocken genießen zu können, denn nun kam doch noch die Sonne raus. Nach gut 6 Minuten Umziehen und kurzem Dehnen, ging es auf die 21,1 km Laufstrecke.

Da meine letzten Laufeinheiten nicht so gut liefen, hatte ich geplant eine 5:15er Pace zu Laufen und wenn es gar nicht geht bis auf eine 5:30er Pace runter zu gehen. Bewusst schaute ich die ersten Kilometer erst gar nicht auf die Uhr, sondern versuchte nach Gefühl zu laufen. Es fühlte sich verdammt gut an, nicht so als ob ich gerade schon 1,9 km geschwommen und 90 km Rad gefahren wäre. Als ich dann doch mal auf die Uhr blickte war ich wirklich überrascht, stand da doch eine durchschnittliche Pace von 4:56 auf den ersten 3 km. Wenn man eigentlich langsamer laufen wollte und man so etwas auf der Uhr sieht, kommen einem viele Gedanken in den Kopf und die vordergründige Frage: „Langsamer werden oder den Flow nutzen und es riskieren am Ende einzubrechen?“ Ich entschied mich einfach mal so weiter zu laufen und bei meinem ersten Verpflegungspunkt zu entscheiden, wie es weiter geht.

Als der Verpflegungspunkt so langsam in Sicht kommen sollte, sah ich keine Crew sah und somit keinen Verpflegungspunkt. Sofort schossen mir 10.000 Gedanken durch den Kopf und vor allem der eine: „Steht die Crew an einer falschen Stelle?“. Doch zum Glück tauchten sie plötzlich aus dem Gebüsch auf und alles war gut. Kurze Abstimmung, neue Softflask mit Cola ohne Kohlensäure und weiter ging es. Diese ersten 7 Kilometer verliefen verdammt gut, fast schon zu gut und so beschloss ich die Pace einfach beizubehalten, mehr als dass es sich bitter rächen würde, konnte ja nicht passieren.

Meine Strecke führte mich weitere 3,5 km entlang des Main-Donau-Kanals Richtung Süden und ich hatte die ganze Zeit einen leichten Rückenwind. Dann bei Kilometer 10,6 gab es die Wende und es ging die gleiche Strecke wieder zurück. Ich spürte gleich den leichten Gegenwind und hoffte nur mich nicht verzockt zu haben. Die Pace blieb zum Glück stabil und auch eine Ermüdung war noch nicht wirklich spürbar. Bei Kilometer 14,5 traf ich dann wieder auf meine Crew. Kurzer Update von mir und mit einem halben Riegel in der Hand ging es weiter. Ich hatte kein richtiges Hungergefühl, aber die Getränke und die Lucho Dillitos Energy Blocks, die ich in den letzten 4 Stunden zu mir genommen hatte, hatten zwar meinen Energiebedarf sehr gut gedeckt, aber nicht meinen Magen gefüllt.

Etwas gesättigt ging es auf die letzten gut 6 km. Die Pace passte nach wie vor, nur spürte ich jetzt langsam wie meine Beine müde wurden. Richtig zu spüren bekam ich es dann ab Kilometer 19, doch bei nur noch 2 Kilometer heißt es Zähne zusammenbeißen, nicht langsamer werden und immer weiter.

Nach 1:42:55 war dann auch dieser Part der Mitteldistanz geschafft, wesentlich schneller als gedacht und mit wesentlich weniger Leider als gedacht. Es ist schon der Hammer zu was der Körper in der Lage ist!

Für die 1,9 km Schwimmen, die 90 km Radfahren, die 21,1 km Laufen und die zwei Wechsel habe ich insgesamt 5:34:09 gebraucht und ohne die Wechsel sind es sogar nur 5:19:54.

Ich bin vollkommen zufrieden, sehr dankbar meiner Frau und Tochter gegenüber, zum einen für den Support an diesem Tag, aber natürlich auch für das Verständnis und die Unterstützung in den letzten 12 Wochen.

Ein zusätzlichen Dankeschön geht noch an Lotta und Schorsch vom TRI IT FIT Podcast, die den ganze DIY Triathlon ins Leben gerufen haben und auch eine tolle Medaille entworfen haben.

Das Wetter war an diesem Tag nicht immer Lustig und hat mich einiges gekostet, vor allem auch einen In-Ear-Kopfhörer. Ausgezahlt hat sich die kontinuierliche Verpflegung unterwegs, dadurch hatte ich keinerlei Probleme bis zum Ende.

Pause gibt es leider noch keine, denn wenn alles gut geht starte ich am 26. September noch beim Berlin Marathon, den ich als reinen Genusslauf absolvieren möchte, aber danach geht es dann in die Off-Season!

Pläne für danach entstehen auch schon langsam. Im Winter an der Rad- und Schwimm-Performance arbeiten und im Frühjahr will ich mich endlich dem Thema Freiwasser-Schwimmen stellen.

Ihr seht selbst, nach einen erfolgreich gefinishten Mitteldistanz gibt es trotzdem immer noch viel zu tun.