Einfach mal so einen Marathon laufen, direkt aus dem Training heraus – wieder mal eine ganz neue Erfahrung.
In nicht ganz drei Wochen geht es zum Aberland-Ultratrail und 3 Wochen davor eine lange Einheit ist eigentlich genau das Richtige. Doch 42,195 km ohne vorher getapert zu haben, habe ich bis jetzt auch noch nie gemacht. Ich war wirklich gespannt wie ich, bzw. meine Beine, diesen Marathon mit machen würden.
Mein Plan war relativ einfach: „Ich laufe einfach die ganze Strecke mit den 3:45 Pacern mit. Dann muß ich mir selber keinen Kopf machen und es wird unterwegs auch nicht so langweilig.“
Die letzten 2 Wochen vor dem Lauf, waren immer so um die 70k-Wochen, mit Trails und Bergtraining, alles was man für so einen Ultratrail trainieren sollte. Meine Beine fühlten sich die letzten Wochen wirklich super an, auch hatte ich meinen DNF vom Maintal-Ultratrail mittlerweile ganz gut verkraftet. So machte ich mich am Sonntag morgen um 7:00 Uhr auf in die Fränkische Schweiz und war trotz vieler gesperrter Straßen schon um 7:40 Uhr Vorort und nahm meine Startunterlagen in empfang. Jetzt war noch genügend Zeit sich in Ruhe umzuziehen und die anderen Kleinigkeiten zu erledigen, die vor so einem langen Lauf anstehen.
Kurz vor dem Lauf traf ich dann noch Steffen, der sich heute eine Zeit um die 3 Stunden vorgenommen hatte. Ich zitiere mal: „Ich Lauf den auch nicht am Anschlag. Das ist eher so eine Art Formcheck. Ich bin ja grad mir Jörg zusammen in der Vorbereitung für Frankfurt. Ich peile irgendwas 2:59h – 3:10h an. Je nachdem wie „locker“ es sich anfühlt.“ Wenn ich 3 Stunden anpeilen würde, könnte man mich danach sicherlich auf der Intensivstation besuchen!
Dann ging es in den Startblock und ich positionierte mich sofort bei den 3:45 Pacern, sie sollten heute mein Garant dafür sein, dass ich nicht zu schnell Laufen würde. Plötzlich wurden die letzten 10 Sekunden herunter gezählt und schon ging es los. Um die 3:45 Pacer sammelten sich ca. 20 Läufer und wir rollten alle in einer 5:10er Pace dahin, was sich wirklich schön locker anfühlte.
Die Strecke führte auf der gesperrten Bundesstraße aus Ebermannstadt heraus in Richtung Weilersbach, wo genau nach 5km der Wendepunkt war. Jetzt ging es die gleichen 5km zurück in Richtung Ebermannstadt und wir spürten warum die ersten 5km sich so locker angefühlt hatten. Wir hatten Rückenwind gehabt, was leider für die nächsten 21km Gegenwind bedeutete. Durch den Gegenwind ging die Pace auf eine 5:15er zurück, was aber kein Problem war, da wir mit einer 5:15er Pace immer noch optimal auf 3:45er Kurs lagen. Durch die nette Begleitung der Pacer verflog die Zeit wirklich schnell und erst in Ebermannstadt bemerkte ich, dass unsere Gruppe etwas kleiner geworden war, der Gegenwind scheint einigen sehr zugesetzt zu haben.
Hier aber schon mal ein riesiges Dankeschön an unsere zwei Pacemaker Daniel (3ter von links) und Volker „Zecke“(4ter von links), die die Gruppe wirklich super über die Distanz gebracht haben.
Die Strecke ist kein flacher Stadtkurs, hat zwar nur 350-400hm doch die bekommt man ab und zu zu spüren. Das erste Stück, wo man diese kleinen bösen Steigungen zu spüren bekommt ist, wenn es wieder aus Ebermannstadt herausgeht in Richtung Gasseldorf geht. Der Höhenunterschied ist minimal, zieht sich aber und wenn man vorher 11k flach gelaufen ist, spürt man ihn um so mehr. Gut zu wissen ist dann, dass bei Kilometer 12 die nächste Verpflegungsstation ist, so hat man ein Ziel was man anvisieren kann. Und hier passierte es dann auch, ich habe mir nur zwei Becher gegriffen und diese im Laufen getrunken, doch die Pacer ließen sich hier etwas mehr Zeit und so klaffte plötzlich eine Lücke zwischen uns. Es waren noch zwei andere Läufer mit mir vorne weg und ich überlegte kurz zu warten, doch ich befand mich so im Flow, dass ich beschloss er weiter laufen zu lassen.
Die Kilometer bis zur virtuellen Halbmarathon-Marke flogen einfach nur so dahin, meine Pace lag extrem konstant bei einer 5:15 und alles fühlte sich super an. Wir liefen bis hier hin in einer kleinen 3er Gruppe und aus irgendeinem Grund erhöhte sich meine Pace ein bisschen (5:08) und so setzte ich mich ein bisschen von den anderen Beiden ab. Bei Kilometer 26 hat man dann die Behringersmühle erreicht und somit auch den zweiten Wendepunkt der Strecke. Als ich das letzte Mal hier vor zwei Jahren gelaufen bin, ging es mir hier richtig dreckig, da ich am Anfang total überpaced hatte, doch heute fühlte ich mich top und so nahm ich den Rückweg mit seinen 16km in Angriff.
Kurz nach der Wende kamen mir dann auch die 3:45 Pacer entgegen und ich überlegte kurz etwas Tempo raus zu nehmen um auf sie zu waren, doch ich beschloss einfach konstant weiter zu laufen. Sollte ich am Ende noch einbrechen, könnte ich mich immer noch wieder an sie dranhängen. Jetzt ging es erstmal bergab, denn dass sollte man auch erwähnen, die meisten positiven Höhenmeter macht man auf der Strecke zwischen Kilometer 11 und 26, danach geht es eigentlich nur noch bergab (abgesehen von ein paar kleinen Steigungen, doch zu denen kommen wir noch). Auf den nächsten Kilometern konnte man somit bei gleicher Pace etwas von seinen Kräften einsparen.
So ca. bei Kilometer 33 kommt es dann wieder zu einer Besonderheit der Strecke. Die Halbmarathonläufer sind erst um 10:45 Uhr gestartet und haben so ungefähr beim 33ten Marathonkilometer ihren Wendepunkt. Das bedeutet, dass es zum einen wieder voller auf der Strecke wird, zum anderen gibt es aber auch wieder etwas Abwechslung, denn das Feld der etwas über 200 Marathonläufern hat sich zu diesem Zeitpunkt schon sehr weit auseinander gezogen.
Als ich gerade so 500 Meter hinter dem Halbmarathon-Wendepunkt bin kommen mir die 1:29 Pacer für den Halbmarathon entgegen und unter ihnen ein bekanntes Gesicht. Jörg hat sich heute das Ziel Sub90 gesetzt und scheint noch sehr gut dabei zu sein. Von jetzt ab warte ich eigentlich die ganze Zeit darauf, das Jörg mich überholt, doch es dauert bis Kilometer 36 bis mich die 1:29 Pacer überholen und Jörg ist nicht mit dabei. Ich mache mir gerade schon Gedanken darüber was mit ihm los ist, als er zum Glück hinter mir auftaucht. Er klagt ein bisschen über Seitenstechen, beisst sich aber weiter durch und liegt immer noch auf Sub90 Kurs.
So langsam fängt es im Kopf an zu arbeiten, zu arbeiten in der Form, dass ich rechne wie lange ich noch laufen „muß“, wieviel Puffer ich noch habe um unter 3:45 zu bleiben usw.. Eigentlich total unnütz, da ich heute ganz entspannt laufen wollte und auch keiner Zeit hinterherjage. Doch das sind die Mysterien eines Marathons, irgendwann fängt der Kopf mit diesen Spielchen an, egal ob man will oder nicht. Bis jetzt bin ich die ganze Zeit durchgelaufen und verfalle bei der nächsten Verpflegungsstation schon fast der Versuchung mal zu gehen und in Ruhe zu trinken, doch ich widerstehe dieser Versuchung, denn noch laufen die Beine wirklich super, nur wie schon gesagt fängt der Kopf langsam mit Spielchen an.
Bis Kilometer 37 rollt es weiter und ich habe zum Glück auch wieder 2 andere Läufer gefunden, die meine Pace laufen und an die ich mich dranhängen kann. Wir wechseln ein paar Worte doch Kilometer für Kilometer wird jeder fokussierter und ruhiger. Dann passiert es bei der Verpflegungsstelle bei Kilometer 37, ich nehme mir die Zeit einen Becher Wasser und einen Becher Cola ganz in Ruhe im gehen zu tinken.
Wow … so Gehen hat auch was …
Zum Glück fällt mir das wieder Anlaufen nicht schwer und ich komme gleich wieder in meinen Flow, die anderen Beiden sind zwar weg, aber das stört mich nicht wirklich, jetzt sind es nur noch 5k. Es kommt noch eine Verpflegungsstation und zwei kleine Anstiege, wobei sich nur der letzte „Berg/Anstieg“ bei Kilometer 40,5 wirklich zieht. So laufen Kilometer 39 und 40 dann auch wieder ganz entspannt und ich steuere die letzte Verpflegungsstation an, die vor dem letzten Anstieg liegt. Na, als Trailläufer sollte ich 15hm auf was weiß ich wie vielen hundert Metern Strecke nicht als Anstieg bezeichnen, doch bei einem Straßenlauf sind solche langgezogenen kleinen Anstiege für mich immer wieder etwas ganz anderes.
An der letzten Verpflegungsstation dann das selbe Prozedere wie zuvor, gehen, in Ruhe trinken und wieder anlaufen und dann geht es den „Berg/Anstieg“ hoch. Es zieht sich etwas, tut aber nicht so weh wie vor zwei Jahren noch und ich kann sogar ein paar Läufer überholen. Oben angekommen heißt es nur noch gut 1 Kilometer und dann sind die 42,195 km, der Marathon, absolviert. Da es vorher bergauf ging, geht es jetzt bergab und das heißt wiederum es laufen lassen.
Jetzt stellt sich auch dieses Gefühl ein, dass alles gar nicht so schlimm war und der Lauf wirklich super gelaufen ist. Diesmal kein überpacen, keine Gehpausen, kein Denken an Aufgeben, einfach nur Laufen und dass ohne Druck …. genial!
Schon tauchte das 500m Schild auf und das Ziel kommt in Sicht, noch einmal etwas beschleunigen, etwas aufrechter laufen, man will ja auch eine gute Figur machen wenn man ins Ziel einläuft und schon sind es nur noch wenige Meter. Genau nach 3:41:16 überlaufe ich die Ziellinie und bin sehr froh, dass dieser lange Testlauf vor dem nächsten Ultra wirklich so gut gelaufen ist. Jetzt gönne ich mir erstmal 1-2 alkoholfreie Biere und Cola, setze mich hin und meine Beine genießen die Entspannung.
Als ich wieder ein paar Kräfte gesammelt habe schaue ich mich noch etwas um und entdecke die 3:45 Pacer bei denen ich mich bedanke, sowie auch eine Läuferin, die in dem 3er-Team bis Kilometer 25-26 dabei war.
Erwähnen muss ich noch, dass Jörg sein Ziel Sub90 auf dem Halbmarathon erreicht hat und mit einer 1:29:27 die Ziellinie passierte. Auch Steffen hat bei seinem Formcheck eine top Zeit erreicht und ist nach 3:01:28 als 14ter Overall im Ziel. Ich bin gespannt was da beim Frankfurt Marathon passiert!
Bei mir gibt es jetzt erstmal nicht viel Pause, in der 3 letzten Woche vor dem Ultra sind noch ein paar Einheiten geplant und erst dann geht es mit großen Schritten in die Tapering-Phase.
Bis zum nächsten Bericht …
… Keep on running!