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Rocker Plate für Indoor Trainer

Was ist eigentlich eine Rocker Plate? Braucht man eine Rocker Plate für das Rennrad Indoor Training oder nicht?

Klären wir zuerst einmal die Frage: „Was eine Rocker Plate ist?“

Beim Indoor Trainer steht das Fahrrad normalerweise entweder fest am Boden oder wird fix in einen Smarttrainer eingebaut. Dadurch entsteht häufig ein starres, unbewegliches Fahrgefühl. Mit einer Rocker Plate kann man ganz einfach gesagt, Bewegung in das Fahrgefühl bringen. Es ist eigentlich nur eine mechanische Platte, die sich der Bewegung des Fahrers anpasst und mitschwingt und so für ein bewegliches und dynamisches Fahrgefühl sorgt.

Die zweite Frage: „Braucht man eine Rocker Plate?“

Diese Frage habe ich mir über mehrere Wochen hinweg immer und immer wieder gestellt. Damit ich mir diese Frage selber beantworten konnte, habe ich erstmal sehr viel recherchiert. Hier muss ich gleich zugeben, dass die Recherche die Frage nicht beantwortet hat. Ich bin aber so tief in die Materie eingetaucht, dass ich am Ende einfach Lust hatte eine Rocker Plate zu bauen. Klar kann man sich auch einfach eine fertige Rocker Plate kaufen und kostenmäßig liegen diese auch noch im Rahmen, aber wenn man gerne etwas rumbastelt, ist so eine Rocker Plate eigentlich kein Problem. Noch dazu befinden wir uns gerade im Lockdown, also eine Zeit, in der das Freizeitangebot etwas eingeschränkt ist und jegliche Abwechslung willkommen ist.

Im Folgenden informiere ich Euch über das benötigte Material und Werkzeug, welches man für den Bau einer Rocker Plate benötigt. Ich habe mich für den Bau einer Realplate entschieden, sie besteht aus zwei übereinanderliegenden Holzelementen und zwischen den zwei Platten befinden sich zwei Bälle und fünf Gummidämpfer, die für das dynamisches Fahrgefühl sorgen sollen.

Die Inspiration für den Bau meiner Realplate, habe ich vor allem im Youtube Video von Andrew Grabbs „DIY Rocker Plate with Fore and Aft“ gefunden. Der einzig große Unterschied zu meiner Ausführung ist, dass ich auf das teurere Linearstangenlager verzichtet habe und die Variante mit Gummipuffern gewählt habe. Beim Video von Andrew sind auch CAD Pläne für die Holzteile zu finden. Die CAD Pläne sind sehr hilfreich da man mit einem Online CAD Tool alle notwendigen Maße ablesen kann. Wer natürlich Zugriff auf eine CNC-Fräse hat, kann die CAD-Pläne gleich für die Herstellung verwenden.

Materialliste:

Das benötigte Material für eine Rocker Plate hält sich eigentlich sehr im Rahmen und schlug bei mir mit ca. 170,– Euro zu Buche.

*Beim Holz kann man natürlich auch eine andere Sorte und andere Stärken wählen. Der Vorteil bei den Siebdruckplatten ist, dass sie relativ Feuchtigkeitsbeständig (Schweiß) ist.

Werkzeugliste:

Beim Werkzeug kann die Liste etwas variieren, je nachdem wie gut man ausgestattet ist, bzw. was man selber macht und was man machen lässt.

  • Handkreissage
  • Bohrmaschine/Akkubohrer + Holzbohrer
  • Stichsäge
  • Lochsäge
  • Kegelsenker
  • Handschleifer mit Schleifpapier (K-120)
  • Feile für Holz
  • 2-4 Schraubzwingen
  • Ballpumpe

Der Plan:

Der Bau:

Das Aufwendigste beim Bau der Rocker Plate, ist das Zuschneiden der oberen und unteren Holzplatte. Wer nicht wie ich Zugriff auf eine CNC-Fräse hat oder die Platten durch einen Schreiner zurecht schneiden lassen möchte, hat etwas Arbeit vor sich.

Um alle äußeren Abmessungen genau auf die Holzplatte übertragen zu können, habe ich mir einen 1:1 Plan angefertigt (Ein Renoviervlies/Untertapete eignet sich hierfür) und diesen dann auf der glatte Seite der Siebdruckplatte ausgerichtet. Zum Anzeichnen der Schnittkanten kann man entweder einen weißen Faserschreiber verwenden oder aber man klebt dort wo die Schnittkanten geplant sind Malerkrepp auf und zeichnet dann die Schnittkanten mit Bleistift auf. Die zweite Variante hat den Vorteil, dass Ihr hier auch gleich einen Schutz für die Holzkanten beim Sägen habt. Dazu das Malerkrepp sehr feste auf die Platte „aufrubbeln“. Verwendet Ihr kein Malerkrepp besteht die Möglichkeit, dass das Holz beim Sägen ausreißt.

Habt Ihr alle Außenmaße auf beide Holzplatten übertragen geht es ans Aussägen. Ich habe hierfür eine Handkreissäge verwendet, eine Stichsäge mit einem guten Sägeblatt geht aber auch.

Mein Tipps beim Sägen:

  • Die Seite vom Holz nach unten, die später die sichtbare Seite ist
  • Verwendet beim Sägen immer einen Anschlag und fixiert diesen mit Schraubzwingen
  • Sägt locker & langsam, dann reißt das Holz oben weniger aus und die Säge verkantet sich nicht

Habt Ihr beide Siebdruckplatten zurecht geschnitten, solltet Ihr nun alle Außenkanten mit einem Handschleifer abschleifen, bis Ihr eine saubere glatte Schnittflächen habt. Im Anschluss empfehle ich Euch noch die Kanten leicht anzufasen, dann tut es später nicht so weh, wenn Ihr mal mit dem Fuß gegen die Rocker Plate kommt.

Als nächstes bohren wir die Löcher für die Befestigung der Gummipuffer. Hierzu legt die beiden zugeschnittenen Siebdruckplatten genau übereinander und fixiert diese mit Schraubzwingen. Übertragt genau mittig, wo die Bohrungen gesetzt werden und bohrt diese dann mit einem 10er Holzbohrer.

Mein Tipp beim Bohren:

  • Legt beide Siebdruckplatten mit der rauen Seite aufeinander und
  • legt dort, wo ihr gerade bohrt noch ein Stück Holz unter, dann reißt auch hier das Holz nicht aus und
  • bohrt mit einer hohen Drehzahl.

Habt Ihr alle 5 Löcher gebohrt, entfernt die Schraubzwingen und stellt die Platte, die später die Unterseite ist zur Seite. Mit dem Kegelsenker wird nun bei der Platte die später die Oberseite ist, auf der rauen Seite jedes Bohrloch so weit gesenkt, wie es die Schrauben erfordern (sollte später bündig abschließen). Gleiches wiederholt Ihr dann bei der Platte, die später die Unterseite, hier werden die Senkungen aber auf der glatten Seite ausgeführt.

Bei der zugeschnittenen Siebdruckplatten für die Unterseite sägen wir jetzt die Aussparungen, in denen später die Bälle geführt werden. Hierzu übertragt Ihr die genau Position und Abmessungen auf die glatte Seite der Platte. Das Übertragen und Anzeichnen könnt Ihr wieder mit einem weißen Faserschreiber vornehmen oder aber mit der Malerkreppband-Methode. Habt Ihr alles übertragen, nehmt ihr einen Lochbohraufsatz mit einem Durchmesser von 54 mm (hier könnt Ihr etwas variieren, die Aussparung kann auch etwas breiter ausfallen) und bohrt bei jeder Aussparung zweimal. Durch die Verwendung eines Lochbohraufsatzes erhaltet Ihr saubere Rundungen, wer eine ruhige Hand hat kann dies auch mit einer Stichsäge machen. Im Anschluss nehmt ihr eine Stichsäge und sägt noch die Geraden auf beiden Seiten, so dass Ihr einen sauberen Übergang zur Rundung bekommt. Ist dies für beide Aussparungen erfolgt, nehmt eine Feile oder Schleifpapiere und entgratet hier die Kanten, damit der Ball später nicht kaputt gehen.

Jetzt wenden wir uns der Platte für die Oberseite zu. Hier solltet Ihr nicht unbedingt die in meinem Plan vorgesehenen Aussparungen für die spätere Fixierung des Rollentrainers nehmen. Ich empfehle Euch, Euren Rollen- bzw. Smart-Trainer auf die Platte zu stellen und dann festzulegen, wo Ihr Aussparungen benötigt. Diese Aussparungen können entweder waagerecht oder Senkrecht verlaufen. Beispiele hierzu findet Ihr auf anderen Seiten, die sich mit Rocker Plates beschäftigen.

Habt Ihr festgelegt, wo Eure Aussparungen sein müssen und dies auf die glatten Seite der Platte übertragen, sägt Ihr diese aus. Da ich meinen Smarttrainer mit Klettbändern fixiere, reichen bei mir schmale Aussparungen, welche ich wie folgt ausgesägt habe:

  • Am Anfang und Ende der Aussparung habe ich mit einem 10er Holzbohrer gebohrt (Denkt daran von unten ein Holzstück dagegen zu halten, damit das Holz nicht ausfranst.), dann
  • mit einer Stichsäge die Verbindungen gesägt (Führungsschiene nicht vergessen) und
  • alles mit eine Feile entgratet

Ich habe im ersten Schritt nur sehr wenig Aussparungen für eine Befestigung gewählt, denn weitere kann man immer noch hinzufügen.

Damit haben wir beide Siebdruckplatten soweit vorbereitet und es kann an die finale Montage gehen.

Zuerst werden in die zugeschnittene Siebdruckplatte für die Oberseite die Schrauben von der rauen Seite her eingesetzt. Dreht dann die Platte um, so dass die raue Seite nach unten zeigt. Legt jeweils eine Unterlegscheibe auf jede Schraube und schraubt im Anschluss die Dämpfer/Gummipuffer locker auf. Dann legt auf jeden Dämpfer/Gummipuffer eine Unterlegscheibe und darauf dann die Platte für die Unterseite, so dass die raue Seite auf den Unterlegscheiben aufliegt. Nun werden noch die Schrauben für die Unterseite eingesetzt und nacheinander alle 10 Schrauben fest angezogen (handfest reicht hier).

Jetzt setzen wir die Bälle für die Dämpfung ein. Wundert Euch nicht wie groß die Bälle sind und wie schmal der Abstand zwischen der Ober- und Unterseite. Lasst die komplette Luft aus den Bällen und führt sie links und rechst zwischen die Platten ein, so dass sie sitzen wie auf den Bildern.

Achtet unbedingt darauf, dass das Ventil der Bälle nach unten zeigt (siehe Bild), nur dann könnt Ihr sie noch aufpumpen und auch später den Druck variieren. Beim Aufpumpen der Bälle solltet Ihr langsam vorgehen und jeweils links und rechts langsam den Druck erhöhen. Die Bälle werden auf keinen Fall komplett aufgepumpt, es ist hier eher wenig Luft notwendig, um ein gutes Dämpfungsverhalten zu erzielen.

Als letztes könnt Ihr noch selbstklebende Gummifüße auf die Unterseite kleben, hierdurch rutscht die Rocker Plate auf glatten Oberflächen nicht.

Hier noch ein paar Bilder von der fertigen Rocker Plate:

Videos vom ersten Test-Ride findet Ihr in meinem Instagram-Account.

Sollte vielleicht etwas unklar beschrieben sein oder habt Ihr noch Fragen zum Bau einer Rocker Plate, könnt Ihr Euch gerne bei mir melden.

Fazit:

Der Bau einer Rocker Plate ist wirklich kein Hexenwerk. Mit etwas handwerklichem Geschick benötigt man zwischen 6-10 Stunden.

Das Fahrgefühl ist wie ganz am Anfang beschrieben. „ … und so für ein bewegliches und dynamisches Fahrgefühl sorgt.

Ich finde das Fahren auf einer Rocker Plate wesentlich angenehmer, es ist nicht „so hart“ und wenn man aus dem Sattel geht, muss man keine Angst haben, dass der Smart-Trainer umkippt.

Zum Schluss noch ein paar Fragen an Euch:

  • Habt Ihr bereits eine Rocker Plate gebaut oder nutzt Ihr eine?
  • Wie sind Eure Erfahrungen?
  • Was kann ich/man noch verbessern?

Hinweis: Die Produktangaben in diesem Bericht, dienen rein als Anhaltspunkte. Es ist keine Werbung und ich erhalte hier auch keinerlei Vergünstigungen.

Update 08.02.2021:

Nach einem ersten Test hatte sich bei meinem Vortex Rollentrainer von Tacx herausgestellt, dass die Fixierung nur am hinteren Holm nicht ausreichend ist. Der Rollentrainer bewegt sich zwar nicht auf der Platte, aber die vorderen Stützbeine heben bei starken Wiegebewegungen immer wieder ab. Aus diesem Grund habe ich die vorderen Stützbeine noch auf der Rocker Plate mit Schrauben fixiert.

Hierzu habe ich meinen zu Beginn erstellten 1:1 Plan noch einmal auf die Rocker Plate aufgelegt und die genaue Position der vorderen Stützbeine auf diesem gekennzeichnet. Im Anschuss habe ich die Kunststofffüße von den Stützen demontiert (nur durch eine Schraube auf der Innenseite fixiert, siehe mittleres Bild) und von oben in jeden Kunstofffuß ein Loch mit einem 8er Bohrer gebohrt. Die Kunststofffüße wurden dann wieder auf die vorher gekennzeichnete Position positioniert und durch das Loch hindurch gekennzeichnet, wo die Bohrung in der oberen Platte zu erfolgen hat.

Hinweis: Die Kunststofffüße sind mit Links und Rechts gegenzeichnet und sollten nicht vertauscht werden!

Die Bohrungen wurden mit einem 8er Holzbohrer vorgenommen und die Löcher dann noch mit einem Senker bearbeitet. Im Anschluss wurden die M8 Schraube (Länge 40 mm) zuerst durch den Kunststofffuß geführt und dann durch die Platte. Von der Unterseite wurde dann zuerst eine große Beilegscheibe aufgesetzt und dann eine kleine, bevor alles mit einer Mutter leicht festgezogen wurde.

Nun wird der Rollentrainer wieder in die Kunststoffüße eingesetzt und mit den Schrauben festgeschraubt. Erst jetzt sollten die Mutter, die durch die Platte gehen angezogen werden, aber nicht zu fest, da der Kunststofffuß in der Mitte aus einem weicheren Kunststoff besteht. Die hintere Strebe wird wieder mit Klettbändern befestigt.

Somit sollte sich nun der Rollentrainer überhauptnicht mehr bewegen und kann auch auf der Rocker Plate verbelben wenn diese an eine Wand gestellt wird.

Rocker Plate mit fest angebrachtem Rollentrainer